Landgericht Köln, Urteil vom 17.02.2025, 21 O 12/21
Gegenstand der Entscheidung:
Entscheidung eines deutschen Gerichts über einen in den USA nach amerikanischem Recht geschlossenen Darlehensvertrag einer amerikanischen Glaubensgemeinschaft mit in Deutschland lebenden Mitgliedern.
Landgericht Köln, Urteil vom 17.02.2025, 21 O 12/21
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
des , gemeinnützige Organisation nach Vorschrift 501 (c) (3) des 26
Titels des United States Code; vertr. d. d. Vorstand, d. vertr. d.d . VorsitzendenNew York, Vereinigte Staaten,
Klägers,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Stader Rechtsanwälte , Vogelsanger Str. 197a, 50825 Köln,
gegen
- Herrn,
- Herrn,
Beklagten,
Prozessbevollmächtigte zu 1:
Prozessbevollmächtigte zu 2:
hat die 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 15.01.2025 durch den Richter am Landgericht als Einzelrichter für Recht erkannt:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 12.000,- US-Dollar nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.02.2021 zu zahlen.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 958,19 € zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 85 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 15 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
Tatbestand:
Die Klägerin ist eine US-amerikanische sufi-islamische Glaubensgemeinschaft in der Rechtsform einer gemeinnützigen Organisation nach Vorschrift 501 (c) (3) des 26. Titels des United States Code mit Sitz in New York.
Die Beklagten sind natürliche Personen mit ständigem Aufenthalt in Bergheim, Deutschland.
Die Klägerin macht mit der Klageschrift die Rückzahlung eines zinslosen Darlehens geltend, wobei sowohl die Umstände des Vertragsschlusses, als auch die Partei- und Prozessfähigkeit der Klägerin, deren Rechtsfähigkeit sowie die Erfüllung der Darlehensforderung und deren Verjährung zwischen den Parteien im Streit stehen.
Unter dem 12.10.2012 unterzeichnete der Beklagte zu 2) das als Anlage K1 vorgelegte „Loan Agreement“, die dazugehörige „Promissory Note payable in Agreed Installments“ (Anlage K2) und ließ die Unterschriftsleistung bei dem Notar in Köln beglaubigen. In dem Darlehensvertrag wird als Darlehensnehmer nur der Beklagte zu 2) genannt. Ausweislich Ziffer 1 des Darlehensvertrags gewährte die Klägerin dem Beklagten zu 2) ein Darlehen in Höhe von 80.000 US-Dollar. Gemäß Ziffer 2 des Vertrags stand das Darlehen im Zusammenhang mit dem Objekt Bergheim, dessen Eigentümer der Beklagte zu 2) ist. In Ziffer 14 heisst es, insoweit übereinstimmend mit der Anlage K2, dass das Recht des Staates New York anwendbar sein soll, in Ziffer 15 wird als Gerichtsstand New York benannt. Dieses „Loan Agreement“ ist nur von dem Beklagten zu 2) unterschrieben, weder Vertreter der Klägerin, noch der Beklagte zu 1) haben dieses Dokument unterzeichnet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichte Ablichtung (Bl. 18 ff. d.A.) Bezug genommen. In dem „Promissory Note payable in Agreed Installments“ (Anlage K2, Bl. 24 ff d.A.) heisst es, dass das Darlehen in 20 monatlichen Zahlungen von jeweils 4.000,- US-Dollar jeweils zum ersten eines Monats, beginnend mit dem 01.01.2013 bis zum 01.08.2014 zurückzuzahlen ist.
Ein Betrag von 80.000 US-Dollar wurde am 29.10.2012 vom Konto der Klägerin bei der NBT Bank auf die Bankverbindung des Beklagten zu 2) gezahlt (Anlage K12, Bl. 170 d.A.).
Ausweislich zweier zu den Akten gelangen Mietverträgen vermietete der Beklagte zu 2) das Objekt Bergheim an den Beklagten zu 1, ab dem 01.01.2014 zu einem monatlichen Mietpreis von 400,- €, ab dem 01.01.2018 zu einem Mietpreis von 450,- € nebst Betriebskostenvorauszahlung, wobei die Klägerin die Richtigkeit der Angabe in Abrede stellt.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 30.03.2020 erklärte die Klägerin gegenüber dem Beklagten zu 1) die fristlose, hilfsweise die ordentliche Kündigung des Darlehensvertrags. Mit anwaltlichem Schreiben vom 25.05.2020 folgte die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung des Darlehens gegenüber dem Beklagten zu 2). Mit anwaltlichem Schreiben vom 23.07.2020 (Anl. K8) bestätigte der Beklagte zu 2, dass die Klägerin dem Beklagten zu 2) ein Darlehen zum Zwecke des Erwerbs des im Vertrag benannten Objekts gewährte, und wandte ein, dass die jeweiligen Raten „anstandslos und pünktlich“ bei Reisen in die USA zurückgezahlt worden seien.
Die Beklagten erheben die Einrede der Verjährung.
Die Klägerin behauptet, die Beklagten hätten das Darlehen gemeinsam aufgenommen, was mit der Klägerin vereinbart gewesen sei entgegen der schriftlichen Vereinbarung, bei der es sich um einen Entwurf handele, damit der Beklagte zu 1) das Darlehen bei Behörden nicht angeben müsse. Der Beklagte zu 1) sei als religiöser Führer, der Beklagte zu 2) als dessen Assistent aufgetreten. Es sei mündlich im Rahmen einer Vorstandssitzung der Klägerin mit beiden Beklagten am 13.09.2012 vereinbart worden, dass diese gemeinsam Darlehensnehmer seien und für die Rückzahlung verantwortlich. Zudem sei die Klägerin nicht einverstanden gewesen mit den im Vertrag von den Beklagten vorgegebenen Zuständigkeit amerikanischer Gerichte (Ziff. 15 Anl. K1), weshalb die Klägerin den Darlehensvertrag nicht unterschrieben habe, sondern der Vertragsschluss mündlich erfolgte auf Grundlage der übrigen Konditionen unter Vereinbarung des Gerichtsstandes am Ort der Immobilie. Die Auszahlung hätte auf Wunsch des Beklagten zu 1), wie dieser der Klägerin gegenüber mit E-Mail vom 20.09.2012 mitteilte, ursprünglich auf ein Konto des Beklagten zu 1) bei der Targobank AG erfolgen sollen (Anlage K13, Bl. 171 d.A.). Mit E-Mail vom 28.09.2012 teilte der Beklagte zu 1) – der Inhalt der beiden E-Mails ist unstreitig – die Bankverbindung des Beklagten zu 2) bei der Kreissparkasse Köln mit, auf die die Auszahlung erfolgte.
Die Klägerin behauptet, die Rückzahlung des Darlehens sei nicht erfolgt.
Zum Vertragsschluss behauptet die Klägerin, es habe am Donnerstag, den 13.09.2012 eine Sitzung des Vorstandes der Klägerin gegeben, an der auch die Beklagten teilgenommen hätten. Der Zeuge K habe für die Beklagten die in englischer Sprache geführte Sitzung übersetzt. Es sei um das Darlehen gegangen, der Beklagte zu 1) habe den Sitzungsteilnehmern das Grundstück vorgestellt, dass für die Errichtung einer Glaubensstätte in Betracht gekommen sei. Der Beklagte zu 1) habe gebeten, dass das Darlehen auf das Konto des Beklagten zu 2) ausgezahlt werde, er aber zugesagt, auch für die Rückzahlung des Darlehens einzustehen und dem Beklagten zu 2) bei der Rückzahlung helfen. In dieser Sitzung sei mündlich vereinbart worden, dass der vorliegende Entwurf eines Darlehensvertrag mündlich dahingehend angepasst werde, dass der Gerichtsstand in Deutschland und nicht in den USA begründet werde. Der Vertragsentwurf sei im Nachgang nur aus Gesichtspunkten der Geldwäscheprävention erstellt und unterschrieben worden.
Die Klägerin behauptet, die Beklagten hatten ihr nur vorgespielt, das Geld für die Eröffnung eines religiösen „Sufi-Zentrums“ zu verwenden; stattdessen sei das Objekt für Wohnzwecke der Beklagten hergerichtet worden. Im Jahre 2019 hätten die Beklagten der Klägerin erklärt, nicht mehr Mitglieder der Klägerin zu seien, womit sie einen Betrug begangen hätten, was nach dem Recht des Bundesstaats New York einen Anspruch auf Rückzahlung des Erlangten begründe. Daher habe die Klägerin, die vorher den Verzicht auf die Rückforderung erwogen habe, die Forderung nunmehr doch zurückzufordern.
Die Klägerin beantragt:
- Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 80.000,00 US-Dollar nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
- Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 2.217,45 Euro nebst Zinsen in Höhe von jeweils 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz sei Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte zu 2) behauptet, im Beisein des Beklagten zu 1) am 29.08.2015 einen Betrag von 10.000,- € an den Zeugen K für die Klägerin in New York und am 29.06.2016 in Zypern ein Betrag von 20.000,- € übergeben zu haben. Am 02.10.2015 habe der Beklagte zu 1) im Auftrag des Beklagten zu 2) in New York weitere 10.000,- € zurückgezahlt. Zudem seien am 13.10.2016 durch den Beklagten zu 2) weitere 20.000,- € und am 09.12.2016 weitere 5.000,- € in New York, allesamt in bar und ohne die Ausstellung einer Quittung, an die Klägerin zurückgezahlt worden. Das Darlehen sei dem Beklagten zu 2) gewährt worden, der Beklagte zu 1) sei nur Vermittler gewesen und hafte nicht für die Rückzahlung. Zum Abschluss der Vereinbarung sei es nach Gesprächen auf einer Hochzeit im September 2012 gekommen.
Die Beklagten rügen die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Köln, bestreiten die Rechts- und Parteifähigkeit der Klägerin und deren Aktivlegitimation. Hierzu behaupten Sie, das Darlehen sei dem Beklagten zu 2) von drei Hochzeitsgästen auf einer Hochzeit im September 2012 in New York angeboten worden.
Das Gericht hat die Beklagten zu 1) und 2) persönlich angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen (Bl. 263 R d.A.) und (Bl. 265 d.A.) sowie Einholung eines Sachverständigengutachtens nebst Ergänzungsgutachtens zum Recht des Bundesstaats New York.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.01.2022 (Bl. 202 ff. d.A.), vom 30.05.2022 (Bl. 265 ff. d.A.) und vom 31.10.2022 (Bl. 299 ff. d.A.), das schriftliche Gutachten des Sachverständigen K vom 29.05.2023 (Bl. 368 ff. d.A.) und das schriftliche Ergänzungsgutachten vom 15.02.2024 (Bl. 512 ff. d.A.).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
Der Klägerin steht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner ein Anspruch auf
Zahlung von 12.000 US-Dollar als Rückzahlung der letzten drei Raten des den Beklagten gewährten Darlehens zu. Im Übrigen ist die Klageforderung unbegründet, da verjährt.
Im Einzelnen:
1. Zuständigkeit des Gerichts
Die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Köln folgt aus Art. 4 EuGVVO (Verordnung EUV 1215/2012). Danach sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre
Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen. Dies trifft auf die Beklagten zu, die beide ihren Wohnsitz in Deutschland haben und hatten. Die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts folgt aus §§ 12, 13 ZPO.
2. Partei- und Prozessfähigkeit der Klägerin
Die Klägerin als wirksam gegründete Religious Corporation ist auch klagebefugt. Dies richtet sich aufgrund des Sitzes der Klägerin in New York nach dem Recht des Bundesstaates New York. Hierzu hat der Sachverständige K, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Internationales Wirtschaftsrecht sowie Attorney at Law (New York) in seinem Gutachten vom 29.05.2023 und Ergänzungsgutachten vom 15.02.2024 überzeugend dargelegt, dass die Parteifähigkeit der Klägerin sich nach dem New York Religious-Corporation Law (RCO) richten könne. Dafür müsse ein ordnungsgemäßes Certificate of Incorporation erstellt (§ 193 RCO) und dieses gemäß § 3 iVm 2b (1) (d) RCO ordnungsgemäß eingereicht und registriert worden sein.
Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Klägerin hat insoweit bereits mit der Klageschrift die Kopie eines Certificate of Incorporation vorgelegt, dessen Inhalt der Sachverständige als den Regularien des § 193 RCO entsprechend festgestellt hat.
Die Klägerin hat dieses auch – wie es der Sachverständige als nach dem Recht des Bundesstaats New York für erforderlich dargestellt hat – in dem County, wo sich der Sitz der Gesellschaft befindet, hier dem Delaware County New York, eingereicht und registrieren lassen. Diese Registrierung beim Clerk des County Delaware hat die Klägerin nachgewiesen durch Vorlage des Certificates of Incorporation of Osmanli Gergahi vom 09./10. August 2005 (vgl. Bl. 667 d.A.), deren – von den Beklagten bestrittene – Echtheit nachgewiesen wurde durch die im Original zur Gerichtakte gereichte Apostille des Deputy Secretary of State for Business and Licensing Services des New York State Departement vom 22.10.2024 (Bl. 685 ff. d.A.). Der Wirksamkeit sind die Beklagten nach Vorlage der Apostille auch nicht mehr entgegengetreten.
3. Begründetheit der Klage
Die Klage ist teilweise begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Zahlung von 12.000,00 US-Dollar. Die weitergehende Forderung auf Rückzahlung des Darlehens ist verjährt, die Beklagten haben die Einrede der Verjährung erhoben.
4. Vertragsschluss
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Kammer davon überzeugt, dass die Klägerin den Beklagten ein Darlehen über einen Betrag von 80.000,00 USD gewährt haben, für deren Rückzahlung beide Beklagten vereinbarungsgemäß einstandspflichtig sind.
Die Zeugen S und K, beides Mitglieder in der Organisation der Klägerin, haben glaubhaft und nachvollziehbar übereinstimmend geschildert, dass es mit dem Beklagten zu 1) bereits vor den Treffen der Zeugen mit den beiden Beklagten im September 2012 Gespräche gab über das Bedürfnis eines Darlehens aufgrund einer Finanzierungslücke. Die Zeugen haben weiter geschildert, dass es diese Gespräche gab im Hinblick auf die Glaubensgemeinschaft der Klägerin, in deren Sinne oder mit deren Glaubenslehre der Beklagte zu 1) und auch der Beklagte zu 2) in Deutschland tätig waren. Beide Zeugen haben dann übereinstimmend geschildert, dass es aufgrund der Vorgespräche bereits einen Vertragsentwurf gegeben habe, der Gegenstand einer Erörterung in einem Vorstandstreffen der Klägerin in New York am 13.09.2012 war, an dem auch beide Beklagten teilgenommen hätten. Im Rahmen dieses Vorstandstreffen sei dann mit den Beklagten besprochen worden, dass und wofür das Darlehen gewährt werde, insoweit hätte der Beklagte zu 1) das Vorhaben, ein Gebetshaus zu errichten, vorgestellt. Zudem sei vereinbart worden, dass beide Beklagten für die Rückzahlung verantwortlich seien, was der Beklagte zu 1) ausdrücklich auch mündlich bestätigt habe. Es habe insoweit Gründe gegeben, warum der schriftliche Vertragsentwurf nur den Beklagten zu 2) als Darlehensnehmer genannt habe, nämlich eine von den Mitgliedern der Klägerin nicht überprüfte Äußerung des Beklagten zu 1), in Deutschland Staatshilfe zu erhalten und deswegen das Darlehen nicht auf seinen Namen erhalten zu wollen. Die ganze Angelegenheit um das Darlehen sei auf freundschaftlicher Ebene als Mitglieder der Organisation mit gleicher Glaubensrichtung erfolgt, daher sei dies auch mündlich erfolgt. Veränderungen wie die Vereinbarung, dass der Gerichtsstand in Deutschland war, seien daher mündlich auf Einwand eines Anwalts bei dem Vorstandstreffen erfolgt. Dies sei erfolgt, da man für den Fall der Notwendigkeit einer Vollstreckung am Ort des Objektes vollstrecken können wollte. Man habe keine Notwendigkeit gesehen, dies nochmal schriftlich festzuhalten. Auch sei der nur von dem Beklagten zu 1) unterzeichnete Vertragsentwurf rein aus Gründen der Geldwäscheprävention erstellt worden, die Klägerin bzw. der Vorstand habe den wegen der mündlichen, abweichenden Vereinbarung nicht unterschrieben. Der Beklagte zu 1) war – wie beide Zeugen übereinstimmend bekundet haben – Vertreter der Organisation der Klägerin in Deutschland und daher kein Außenstehender, was ebendiese mündlichen Vereinbarungen bedingt habe und ein Vertrauen, dass eine schriftliche Vereinbarung nicht notwendig sei.
Die Angaben der Zeugen sind glaubhaft. Sie haben detailliert und nachvollziehbar das Zustandekommen des Darlehensvertrags geschildert. Die Angaben stehen zudem in Übereinstimmung mit dem objektivierbaren Inhalt vorgelegter Urkunden. So befanden sich der Beklagte zu 1) und der Beklagte zu 2) ausweislich der vorgelegten Buchungsbestätigung (Anlage B1, Bl. 78 d.A.) vom 07.09.2012 bis zum 16.09.2012 in New York, als es am 13.09.2012 dieses Vorstandstreffen gab, nach einem Gebetstreffen, wie es jeden Donnerstag stattfände. Beide Zeugen haben auch nachvollziehbar geschildert, dass sie sich noch gut an dieses Vorstandstreffen erinnern könnten, da es auch für sie eine Besonderheit gewesen sei, dass ein Darlehen über 80.000 US-Dollar ausgegeben werde. Zudem sei auch bei einer Hochzeit wenige Tage vorher – insoweit übereinstimmend mit den Angaben der Beklagten – wohl über die Darlehensgewährung gesprochen worden, was nach Angabe der Zeugen wegen der vorher erfolgten Gespräche mit dem Beklagten zu 1) auch nicht ungewöhnlich sei.
Die mündliche Vereinbarung dahingehend, dass beide Beklagten Darlehensnehmer sein sollten bzw. beide jedenfalls für die Rückzahlung verantwortlich sein sollten fügt sich auch zwanglos zu der vorgelegten E-Mail-Korrespondenz aus dem Zeitraum des Vertragsschlusses. So hat der Beklagte zu 1) mit Mail vom 20.09.2012 – und damit wenige Tage nach der mündlichen Vereinbarung vom 13.09.2012 – der Klägerin bzw. dem unter der Überschrift „Meine Bankdaten“ seine eigene Kontonummer bei der Targobank AG mitgeteilt; diese E-Mail hat er zudem – was seine Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft der Klägerin oder zumindest der Glaubensrichtung belegt – unterschrieben mit „“, was für – wie die Klägerin behauptet hat – die Repräsentation der Klägerin in Deutschland durch den Beklagten zu 1) spricht.
Erst mit weiterer Mail vom 28.09.2012 wurde dann durch den Beklagten zu 1) die Kontoverbindung und die Legitimationsdaten des Beklagten zu 2) bei der Kreissparkasse Köln mitgeteilt, die wiederum in dem dann erforderlich gewordenen Vertragsentwurf aufgenommen wurden. Zuletzt folgt die gemeinsame Inanspruchnahme des Darlehens durch beide Beklagten auch aus der – womöglich als Versprecher – zweimal erfolgte Angabe des Beklagten zu 2) in der persönlichen Anhörung vom 10.01.2022, dass man das Darlehen „uns“, gemeint ist der Beklagte zu 1) und der Beklagte zu 2) gewährt habe und „wir“ einen Vertrag zugeschickt bekommen hätten. Die von dem Beklagten zu 2) auf Vorhalt gegebene Erklärung, mit „uns“ meine er sich und den Verein (die Klägerin), man habe das gemeinsam gemacht, vermag nicht zu überzeugen.
Der Schilderung der Beklagten zu dem Vertragsschluss vermag die Kammer ebenfalls nicht zu folgen. Diese haben geschildert, dass sie nur für eine Hochzeit in die USA geflogen seien. Nachdem es vorher nicht zu Gesprächen über den Finanzierungsbedarf von 80.000 US-Dollar mit der Klägerin oder Personen aus dem Vorstand der Klägerin gekommen sei, seien die Beklagten auf der Hochzeit bedrückt gewesen, was ihnen angemerkt worden sei. Daher seien sie gefragt worden, was „los sei“ und hätten dann den Finanzierungsbedarf erwähnt. Daraufhin hätten drei Personen, von denen sie teilweise nur noch den Vornamen wüssten, gesagt, diese wollten ihnen helfen und das Geld zur Verfügung stellen. Später sei dann – wohl noch auf der Hochzeit – gesagt worden, dass das Geld über den Verein der Klägerin bereitgestellt werden soll, damit dieser „gut dastehe“. An weitere Bedingungen sei die Darlehensvergabe nicht geknüpft, insgesamt sei der Beklagte zu 1) als Vermittler für den Beklagten zu 2) aufgetreten. Es erscheint bereits nicht lebensnah, dass die Beklagten nur auf einer Hochzeit von drei ihnen nur teilweise namentlich bekannten Personen einen Betrag von 80.000 US-Dollar erhalten, weil sie bedrückt gewirkt haben sollten. Viel lebensnäher ist insoweit die von den Zeugen geschilderte Version mit Vorgesprächen, dem Treffen in den USA, der Vorstellung gegenüber dem Vorstand und der anschließenden E-Mail-Korrespondenz zur Auszahlung des Darlehens. Zudem steht die Angabe des Beklagten zu 1), nur als Vermittler für den Beklagten zu 2) tätig geworden zu sein, im Widerspruch zu der Tatsache, dass es der Beklagte zu 1) war, der seine (eigenen) Legitimationsdaten und Bankverbindung der Klägerin zuerst mitgeteilt hatte.
5. keine Erfüllung
Der Darlehensrückzahlungsanspruch ist auch nicht erfüllt. Soweit die Beklagten eingewandt haben, das Darlehen bereits in bar in New York oder Zypern oder der Türkei jeweils gegen erhebliche Barzahlungen ohne den Erhalt einer Quittung zurückgezahlt zu haben, können Sie diese Behauptung nicht beweisen. Es ist bereits lebensfern, dass Geldbeträge von bis zu 20.000 € in bar an verschiedenen Orten übergeben worden sein sollen. Auf das zulässige Bestreiten der Klägerin haben die Beklagten weder Auszahlungsnachweise, noch Flugdaten vorgelegt, um den Vortrag zu substantiieren. Auch der Zeuge K hat eine Rückzahlung des Darlehens in Eurobeträgen in Bar ohne Quittung nicht bestätigt. Das steht zudem im Widerspruch zu der vorprozessualen Angabe des Beklagten zu 2), das Darlehen sei pünktlich zurückgezahlt worden, denn es war eine ratenweise Rückzahlung von je 4.000,00 US-Dollar ab 01.01.2013 im Vertrag genannt.
6. teilweise Verjährung
Die Raten sind bis auf die letzten drei Raten, die im Juni, Juli und August 2014 fällig geworden sind, verjährt.
Die Fälligkeit der Darlehensrückzahlung folgt dem im Vertragsentwurf festgehaltenen Tilgungsplan, wonach die erste Rate am 01.01.2013 und die letzte Rate am 01.08.2014 fällig gewesen war, was von den Parteien nicht in Abrede gestellt wird.
Die Feststellungen zur Verjährung nach dem Recht des Bundesstaats New York stützt die Kammer auf die überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen K. Dieser hat ausgeführt, dass die Verjährungsfrist gem. § 213 (2) des Civil Practice Law & Rules (CPLR) sechs Jahre betrage. Der Lauf der Verjährung beginne mit Fälligkeit und Einklagbarkeit des Anspruchs, was bei dem Darlehensvertrag für jede einzelne Rückzahlungsrate zu bestimmen sei. Denn jede dieser Teilzahlungen habe eine eigene Fälligkeit, sodass diese nach dortigem Recht auch jeweils zu unterschiedlichen Zeitpunkten verjähre. Die Verjährung der einzelnen Raten sei grundsätzlich ab dem 01.01.2019 bis zum 01.08.2020 jeweils monatlich abgelaufen. Die Verjährungsfrist beginne, insoweit unmittelbar mit der nicht erfolgten Rückzahlung zum Fälligkeitszeitraum, wogegen die Klägerin auch keine Einwendungen mehr geltend macht.
Sodann hat der Sachverständige K ausgeführt, dass der Gouverneur des Staates New York am 07.03.2020 die Executive Order Nr. 202 erlassen habe, die einen Notstand bezüglich der Corona Situation verhängt habe, in der festgelegt worden sei, dass in dieser Notlage ablaufende Verjährungsfristen gehemmt seien. Diese Verordnung sei letztlich bis zum 03.11.2020 verlängert worden.
Regelungen der Verjährung seien im Recht des Staates New York Regeln des materiellen Rechts. Drei der vier New Yorker Appellationsgerichte hätten insoweit bei der Auslegung der Hemmungsregelung der Executive Order festgestellt, dass es eine Ablaufhemmung vom 20.03.2020 bis zum 03.11.2020 gegeben habe und die Verjährungsfrist sich insoweit um diese 228 Tage verlängere. Danach sei die eigentlich am 01.04.2020 verjährende Rate am 15.11.2020 verjährt, die am 01.05.2020 verjährende Rate am 15.12.2020 und die am 01.06.2020 verjährende Rate am 15.01.2021, mithin nach Klageerhebung.
Bei der Frage, ob es sich bei der Wirkung der Executive Order um eine echte Verjährungshemmung handelt, die nach New Yorker Recht zu beantworten ist, folgt die Kammer der von dem Sachverständigen vorgeschlagenen und von drei der vier Appellationsgerichte vertretenen Meinung, dass es sich um eine echte Ablaufhemmung handelt. Diese erfolgte zur Entlastung der Gerichte aufgrund der Pandemie, und es wäre nicht tragfähig, wenn die Regelung nur ein Aussetzen der Verjährungsregelung bewirken würde, die im Ergebnis dann eine Fälligkeit und damit ein Bedürfnis zur Klageerhebung am ersten Tag nach der Wirkung der Hemmung bedingen würde.
Sodann stellt sich nach den Ausführungen des Sachverständigen die Frage, ob die Executive Orders im deutschen Internationalen Privatrecht dem materiellen Recht zuzuordnen seien und daher vom deutschen Gericht anwendbar seien, oder dem Verfahrensrecht und damit nicht anwendbar wären. Soweit der Sachverständige ausgeführt hat, dass Verjährungsregelungen nach New Yorker Rechtsauffassung solche des Verfahrensrechts sind hat er indes auch herausgearbeitet, dass diese Rechtsfrage eben nicht nach New Yorker Recht zu beantworten ist. Vielmehr ist nach Auffassung der Kammer nach dem internationalen Privatrecht, hier insbesondere Art.
12 lit d ROM-I VO davon auszugehen, dass die Verjährungsregelungen nach dem Vertragsstatut – dem Recht des Staates New York – hier entsprechend anwendbar ist. Denn eine prozessrechtliche Qualifikation der Verjährung, wie sie einige common-law-Länder vorsehen, ist daher ausgeschlossen, und dies selbst dann, wenn das anwendbare Recht sie prozessrechtlich qualifiziert (Bamberger/Roth/Spickhoff Rn. 11; Ferrari IntVertragsR/Ferrari, 3. Aufl. 2018, VO (EG) 593/2008 Art. 12 Rn. 20). Nach dem Vertragsstatut bemessen sich auch Hemmung und Neubeginn der Verjährung. Ausländische Verjährungsregeln gelangen folglich über Art. 12 lit. d Rom I-VO auch dann zur Anwendung, wenn das Vertragsstatut sie prozessual qualifizieren sollte. Auch wenn die Verjährungsvorschriften nach amerikanischer Rechtsprechung und Rechtslehre dem Verfahrensrecht und nicht dem materiellen Recht zugerechnet werden, so hindert das nicht den deutschen Richter, sie wie materiellrechtliche Vorschriften anzuwenden. Denn die Frage, ob die Verjährung eine Einrichtung des sachlichen Rechts oder nur eine solche des Prozeßrechtes ist, muss nach deutschem Recht entschieden werden. Nach diesem gehört die Verjährung dem sachlichen Recht an. Daraus folgt weiter, dass das Gericht die Verjährungsvorschriften des Staates anzuwenden hat, dessen sachlichem Recht das streitige Rechtsverhältnis im allgemeinen nach den Regeln des zwischenstaatlichen Privatrechts untersteht (vgl. BGH, Urteil vom 9. 6. 1960 - VIII ZR 109/59, NJW 1960, 1720, beck-online).
Vor diesem Hintergrund wendet die Kammer die Verjährungsregelungen wie die drei der vier New Yorker Appelationsgerichte an (vgl. hierzu auch: BGH, Urteil vom 03.05.1994 - VI ZR 278/93, NJW 1994, 1792, beck-online zur Maßgeblichkeit der Auslegung der Gerichte der anderen Rechtsordnung) mit der Folge, dass die letzten drei Raten von jeweils 4.000 US-Dollar bei Klageerhebung noch nicht verjährt waren. Die weiteren Raten sind verjährt, was von der Klägerin zuletzt auch nicht mehr in Abrede gestellt wurde. Insbesondere kommt es für die Frage der Verjährung nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen K im Recht des Staates New York im hiesigen Fall im Ergebnis nicht darauf an, ob die Beklagten das Geld zweckentfremdet haben.
Vor diesem Hintergrund steht der Klägerin gegen die Beklagten als Gesamtschuldner ein Anspruch auf Zahlung von 12.000 US-Dollar zu. Der Anspruch ist ab Rechtshängigkeit, mithin ab dem 07.02.2021 zu verzinsen, §§ 288, 291 BGB.
7. Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten
Die Klägerin hat zudem aus dem Gesichtspunkt des Verzugs gem. § 286, 288 BGB gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 958,19 € (1,3 Verfahrensgebühr nebst 19% Umsatzsteuer und Auslagenpauschale nach RVG bis 31.12.2020 aus einem Gegenstandswert von 11.500 € [Höhe der berechtigten Rückforderung, zur Berechnung umgerechnet in EUR])
8. Nebenentscheidungen
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 709 S. 1, 2 ZPO.
Der Streitwert wird auf 65.824,66 EUR festgesetzt.